Die Prüfung konkreter Handlungsvorschläge als Bewusstseinsimpulse zur Mitgestaltung einer dreigliedrigen europäischen Gesellschaftsentwicklung im 21. Jahrhundert
- Alfred Groff -
Zunächst werden die Richtlinien der „sozialen
Dreigliederungsidee“ als Entwicklungsimpulse für die europäische
Gesellschaft des 21. Jahrhunderts vorgestellt. Dann werden drei Ideen zur
praktischen Umsetzung der Dreigliederung aufgeführt: “Direkte Demokratie“
– „Bürgergeld“ und „Neutrales Geld“. Eine verantwortungsvolle Zusammenarbeit
aller Betroffenen an einer menschenwürdigen Gesellschaftsentwicklung
ist erwünscht. Jeder Mensch ist ein Manager, aber seinen Taten muss
eine individuelle Bewusstseinsentwicklung vorausgehen. Dazu werden die
drei „Hörschritte des MTK-Prozesses“: Meditation – Transformation
–Kommunikation“ vorgeschlagen.
1. Die „Dreigliederung“ der Gesellschaft
1.1. Das Geistesleben, das Rechtsleben und dasWirtschaftsleben
Transpersonales Bewusstsein und transpersonale Erfahrungen, sowie spirituelle und religiöse Anschauungen werden heutzutage grösstenteils in die subjektive Privatsphäre abgedrängt. Im gesellschaftlichen Leben spielt die Religion kaum mehr eine Rolle, es sei denn in Machterhaltsversuchen von institutionalisierten Glaubensgemeinschaften, die eigenen inneren Erfahrungen eher skeptisch gegenüberstehen.
In der Politik scheint die persönliche Eitelkeit, die Profilierungs-und Profitgier, sowie das Machtdenken und die wirtschaftlichen Interessen einiger Politiker vor dem verantwortungsvollen und gewissenhaften Arbeiten für das Gemeinwohl zu stehen. Differenzierte politische Inhalte und Standpunkte im Austausch mit den Bürgern zu erarbeiten wird oftmals zur Nebensache. Das Desinteresse an Parteipolitik nimmt in der Bevölkerung so ständig zu.
Die Wirtschaft dagegen nimmt einen kontinuierlich steigenden Einfluss auf unser Leben ein. Es dominiert der schnelle Geldgewinn und das Konsumieren von materiellen Gütern. Medienwirksame Informationen, Freizeitangebote und Reklamen ohne grosse Ansprüche erzeugen immer neue Bedürfnisse. Oberflächliche Befriedigungen der Sinne, zunehmende Umweltzerstörung, Verschuldung von Privatpersonen und ganzen Ländern, Arbeitslosigkeit, Armut und sozialer Ausschluss sind einige der sichtbarsten Folgen dieser Entwicklung.
Man kann natürlich versuchen die Symptome dieser Situation laufend zu mindern und dieser Entwicklung reaktiv hinterherzulaufen, doch wäre es nicht sinnvoller aktiv zu werden, alternative gesellschaftliche Modelle zu diskutieren und umzusetzen? Eines dieser Modelle ist die „Dreigliederung des Sozialen Organismus“, das Anfang dieses Jahrhunderts von Rudolf Steiner aus geisteswissenschaftlichen und zeitgeschichtlichen Erkenntnissen initiiert wurde, und das zwischen den Bereichen des Geisteslebens, des Rechtslebens und des Wirtschaftslebens unterscheidet . Er meinte, weder die Religion, noch der Staat oder die Wirtschaft sollten in der Gesellschaft die Macht alleine innehaben. Ein Ausgleich zwischen diesen drei gleichberechtigten, sich selbst verwaltenden, gesellschaftlichen Bereichen, wäre die beste Basis für eine menschenwürdige Gesellschaft und die Übernahme der auf individuellem Bewusstsein basierenden Weltverantwortung.
Wie kann man sich eine dreigliedrige Gesellschaft vorstellen?
Dazu verweist Rudolf Steiner auf den menschlichen Organismus, wobei er
zwischen dem Kopforganismus (Nervenleben, Sinnesleben), dem rhythmischen
System (Atmung, Blutzirkulation) und dem Stoffwechselsystem unterscheidet.
Diese Bereiche funktionieren autonom in jedem Menschen. So wird jemand,
der dauernd die Atmung mit seinem Gehirn steuern will, bald merken, welche
Schwierigkeiten das mit sich bringt. Alle drei Systeme sind gleichermassen
wichtig für das gesunde Leben des Menschen. Den drei genannten
Instanzen des natürlichen Organismus entsprechen die drei seelischen
Funktionen des Denkens, Fühlens und Wollens.
1.2. Was bedeuten die Bereiche Geistes-, Rechts-
und Wirtschaftsleben ?
Der Bereich „Geistesleben“ ist verantwortlich für die Erziehung und die Schulen, die Wissenschaft, die Forschung, die Kultur und den künstlerischen Ausdruck, die Religion und die persönlichen transpersonalen Erfahrungen. Man kann ihn auch als Kulturbereich im weiteren Sinne verstehen. Es geht um die individuellen Fähigkeiten und Begabungen, sowie die persönlichen Ausdrucksmöglichkeiten und Vorlieben des Menschen und deren Entfaltung . Es gilt die Entwicklung des Menschen optimal zu fördern, und zwar unabhängig von staatlichen und wirtschaftlichen Interessen. Freiheit muss diese Entwicklung prägen, damit der Mensch ein Maximum seines Potentials in die beiden andern gesellschaftlichen Bereiche einbringen kann. Jedes Brachliegen von Fähigkeiten durch Nichtförderung, Arbeitslosigkeit oder Desinteresse geht der Gesellschaft verloren.
Der Bereich des Rechtsleben ist verantwortlich für
das Verhältniss von Mensch zu Mensch, das « Zueinander-Fühlen»,
wie es Steiner nennt. Es geht einerseits um Regeln des Zusammenlebens,
um Abkommen und die Gesetzgebung, andererseits auch um das Auskommen in
Frieden und um Fragen der Sicherheit, das heisst um die Sicherung der Gesetze.
Weder Fähigkeiten noch wirtschaftliche Tätigkeiten spielen
hier eine Rolle, sondern gleiche Rechte und Pflichten und die
volle Mündigkeit aller Bürger stehen im Mittelpunkt.
Der Bereich des Wirtschaftlebens ist verantwortlich
für die Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse der Menschen
(gesunder Egoismus). Es geht um den Austausch von Waren und Dienstleistungen
in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Produzierte Waren und Dienstleistungen,
Handel und Konsum prägen diesen Bereich.
Rudolf Steiner betont, dass die Idee der Dreigliederung
der Gesellschaft keine neue Ideologie sei, sondern sie sei als Richtlinie
gedacht. Jeder sollte diese Idee innerlich prüfen, bevor er die adäquaten
Handlungen daraus ziehe . Die konkreten Taten, die sich aus der Dreigliederungsidee
entwickeln würden, müssten sich den örtlichen und zeitlichen
Gegebenheiten anpassen.
1.3. Der dreigliedrige gesellschaftliche Organismus
und die Ideale der französischen Revolution
Was haben die Ideale der französischen Revolution
„Freiheit“, „Gleichheit“ und „Brüderlichkeit“ mit der Idee der dreigliedrigen
Gesellschaft zu tun ? Auch sie sollten einen gesellschaftlichen Entwicklungsschritt
darstellen. Sie hatten allerdings bis jetzt keine Chance auf Verwirklichung
und zwar deswegen, weil immer wieder versucht wurde sie in einem herkömmlichen
„eingliedrigen“ Staat zu verwirklichen, was aber nur zu Widersprüchen
geführt hat. Freisein zu dürfen und Gleichsein zu müssen,
wie soll das lebbar sein ?
Indem man die drei Ideale den adäquaten Gliedern
einer dreigliedrigen Gesellschaft zuordnet und zwar:
- Freiheit zum Geistesleben
- Gleichheit zum Rechtsleben
- Brüderlichkeit zum Wirtschaftsleben .
Zwei Beispiele zur Frage ob die Zuordnung auch stimmig
ist : Würde man etwa die Freiheit im Bereich der Wirtschaft zulassen,
käme es dann nicht zu den bekannten Auswüchsen einer freien neoliberalen
Wirtschaft? Wäre die Gleichheit im Bereich des Geisteslebens und der
persönlichen Entwicklung nicht genauso fehl am Platze?
Die meisten der bestehenden Parteien bekennen
sich entweder zu einer liberalen (freiheitlichen) , einer christlich-sozialen
(brüderlichen) oder sozial-demokratischen Politik und werben
auf Grund ihrer Einseitigkeit für ein „Einheitsgebräu
der Mitte“.
Vertieft man sich in die Gedanken der Dreigliederung
, kommt man zu dem Schluss, dass:
- liberales Gedankengut und Selbstverwaltung in den
Bereich der individuellen Freiheit und der kulturellen Vielfalt (Geistesleben)
gehört,
- die Demokratie, als die gleichberechtigte Mitbestimmung
aller Bürger in den Bereich des Staates und der Gesetzesentwicklung
(Rechtsleben) gehört,
- der Sozialismus (die christliche Nächstenliebe,
die Solidarität, die Gemeinnützigkeit) in den Bereich der Wirtschaft
(Wirtschaftsleben) gehört.
Der sogenannte „dritte Weg“ (neben Privat- und Staatskapitalismus)
, verwirklicht wesensgerecht die Vorteile von Liberalismus und Sozialismus
auf demokratischer Basis. Folgende Konsequenzen einer inadäquaten
Politik könnten so vermieden werden:
- anstelle von Unwissenheit, Fremdbestimmung und Abhängigkeiten
gäbe es individuelle Ausbildungen und freie Entfaltung und Förderung
der Fähigkeiten des Einzelnen
- anstelle von Hass und Gleichgültigkeit gäbe
es ein Miteinanderleben in Gleichheit sowie Toleranz und Interesse
für einen vielfältigen Meinungsaustausch aller mündigen
Bürger
- antstelle von Begierde und egoistischer Gewinnmaximierung
gäbe es Solidarität zum Wohle aller Mitmenschen.
1.4. Das natürliche Zusammenwirken der drei gesellschaftlichen
Glieder
Wie schon oben erwähnt müssten die drei genannten gesellschaftlichen Bereiche autonom, mit zum Teil neu zu schaffenden Organen, verwaltet werden, wobei kein Bereich den anderen untergeordnet werden dürfte. Wie aber kann man sich deren Zusammenwirken vorstellen ?
Die nun folgende, notgedrungen stark verkürzte, Darstellung wird sicherlich bei den meisten Lesern mehr Fragen aufwerfen, als Fragen beantworten. Aber falls das Interesse geweckt wird und man bereit ist die gewohnten und eingefahrenen Denkschemata zu verlassen, kann man zur Vertiefung der Problematik die Hinweise (Literatur, www-Adressen) im Anhang nutzen.
1920 formulierte Rudolf Steiner folgenden sozialethischen
Kernsatz : „Heilsam ist nur, wenn im Spiegel der Menschenseele sich bildet
die ganze Gemeinschaft, und in der Gemeinschaft lebet der Einzelseele Kraft.“
Für ihn lautete das soziale Hauptgesetz für
eine arbeitsteilige Gemeinschaft: « Das Heil einer Gesamtheit von
zusammenarbeitenden Menschen ist umso grösser, je weniger der einzelne
die Erträgnisse seiner Leistungen für sich beansprucht, das heisst,
je mehr er von diesen Erträgnissen an seine Mitarbeiter abgibt, und
je mehr seine eigenen Bedürfnisse nicht aus seinen Leistungen, sondern
aus den Leistungen der anderen befriedigt werden. »
Unsere Gesellschaft ist bereits eine arbeitsteilige Gesellschaft, aber keine einkommensteilige. In einem „dreigliedrigen sozialen Organismus“ ist allerdings eine arbeitsteilige und einkommensteilige Gesellschaft unabdingbar nötig. Dazu muss es zu einer Trennung von Arbeit und Einkommen kommen und die Solidarität muss den Einzelegoismus ablösen.
Was muss sich ändern ? Die in der Freiheit und
Selbstbestimmung der menschlichen Individualität wesensmässig
gegründete Kreativität und die sich daraus ergebende Tätigkeiten
(Geistesleben) sollten von jedem, in freier Entscheidung, als Arbeit in
den Produktionsprozess eingebracht werden können.
Arbeit, in Form der Beteiligung an der Produktion,
wird im Bereich des Wirtschaftslebens erbracht. Die Einkommensbildung ensteht
wie bisher auch in diesem Wirtschaftsleben, indem ein Mensch ein Bedürfnis
nach einer produzierten Ware (oder Dienstleistung) hat und diese gegen
Geld erwirbt.
Aber das Einkommen, das der produzierende Mensch zu Befriedigung seiner Bedürfnisse erhält, bekommt er Form eines vertragsmässigen Teilungsverhältnisses (Rechtslebens). Statt einer Entlohnung der Arbeit als Ware, wie bisher üblich, wird das Einkommen als ein Menschenrecht anerkannt. Weder Arbeit noch Rechte sollten gegen Waren eintauschbar sein. Geld, das ein Mitarbeiter eines Betriebes als Einkommen erhält, ist ein Rechtsdokument mit dem er als Konsument Konsumgüter am Markt erwerben kann. Geld ist ein Rechtsregulator des Wirtschaftskreislaufes.
Es ist sinnvoll das natürliche Zusammenwirken der drei Glieder noch etwas näher zu betrachten. Am Anfang des Prozesses steht also zunächst ein Bedürfnis, zum Beispiel das Bedürfnis nach einem materiellen Gut. Um dieses zu produzieren, braucht es einerseits die Geschenke der Natur, die die Grundlage zu aller Lebensfähigkeit darstellen, andererseits unzählige Fähigkeiten (Geistesleben) und eine Menge geleisteter Arbeit bis das fertige Produkt seinen Konsumwert erhält . Indirekt ist fast die ganze Menschheit an dem arbeitsteiligen Prozess beteiligt: die Bauern und Bergleute, die Fabrikanten, die Kleider und Nahrungshersteller, die Ärzte und Lehrer, die Fahrer, die Verkäufer usw., usw.
Um all die Arbeitsschritte und Fähigkeiten zu koordinieren, braucht es Abmachungen in Form von mündlichen oder schriftlichen Verträgen (Rechtsleben) . Erst wenn das Endprodukt vorliegt und jemand das Bedürfnis hat es zu kaufen, hat es erst einen wirtschaftlichen Wert und es kommt dadurch zur bereits erwähnten Einkommensbildung. Die Verteilung dieses Einkommens ist eine Frage des Vertrages zwischen denjenigen die ihre Fähigkeiten zur Herstellung des Produktes nutzbar gemacht haben (Rechtsleben). Herrscht hier parallel zur Arbeitsteilung eine gerechte Einkommenverteilung, herrscht wirkliche Gleichheit beim Zustandekommen der Kontrakte, dann kann es nicht sein, dass der Kapitalbesitzer immer reicher wird, z.B. der Dritteweltproduzent seine Fähigkeiten aber zu einem Spottpreis anbieten muss. Die Tragik unserer Tage ist, dass derjenige, der sich ärgert, dass sein Arbeitgeber ihn einfach in die Arbeitslosigkeit und in die Mittellosigkeit entlässt, oft nicht merkt, dass er durch den regelmässigen Kauf von Billigprodukten die Arbeitskräfte in andern Ländern genauso in die Armut verbannt.
Um eine solidarische Wirtschaft zu erreichen, der es um die bestmögliche Organisation der benötigten Leistungsprozesse zum gegenseitigen Vorteil geht, müssten Assoziationen in Form von Beratungs- und Kooperationsorganen zwischen den am Wirtschaftsprozess beteiligten, regional- und/oder branchenbezogenen Produzenten, Handel und Konsumenten auf der Grundlage der Vertragsfreiheit gegründet werden. Bedarfsermittlung, Produktionsplanung, Preisermittlung, Finanzausgleich zwischen Unternehmen, Finanzierung der Einkommen, Renten und sozial notwendiger (aber defizitärer Unternehmen) müssten ins Leben gerufen werden. Die Bedürfnisse der Kunden müssten in den Mittelpunkt des Geschehens rücken.
Eine weitere Voraussetzung für eine auf Brüderlichkeit aufbauende Wirtschaft ist die Unverkäuflichkeit von Produktionsmitteln inklusive von Grund und Boden. Dadurch würde deren Nutzungsrecht eine für die Allgemeinheit gewinnbringende Produktion ermöglichen. Dieses Recht wäre auf Nachfolger übertragbar, jedoch nicht verkäuflich. Jedes Unternehmen, das sich auf der genannten Basis aufbaut, hätte ein Recht auf einen Kredit von einer demokratischen Zentralbank, der aber mit den Geldern der verkauften Waren zurückgezahlt werden müsste. Florierende Unternehmen könnten allen am Betrieb Beteiligten höhere Gehälter auszahlen. Das Unternehmen selbst aber könnte kein Spekulationsobjekt sein. Es gäbe nämlich keinen Betriebseigentümer mehr im jetzigen Sinn. Alle Mitarbeiter wären Mitunternehmer statt Angestellte, was einen postiven Einfluss auf die Motivation aller Beteiligten hätte.
Die Wirtschaft basiert auf den Fähigkeiten der
einzelnen Mitarbeiter. Die Fähigkeiten müssten in Schulen
gefördert werden, in denen sich die Lehrer unabhängig von staatlicher
Bevormundung (anstatt als Staatsbeamte) der individuellen Förderung
der Schüler widmen könnten. Ebenso wie die Schulen müssten
Universitäten und Forschungsinstitute unabhängig von Staat und
Wirtschaft sein. Keine Fähigkeiten sollten brach liegen, nur
weil sie vom Staatsprogramm nicht gefördert oder von der Wirtschaft
gerade unerwünscht sind. So würden die Menschen zu voller Mündigkeit
gelangen und in Gleichheit das Rechtsleben mitgestalten können.
In diesem würden zum Beispiel das Arbeitsrecht und das Recht auf Schulbildung
festgeschrieben werden. Die unter Beteiligung aller Bürger erstellten
Gesetze, würden ebenso wie die Naturgesetze, den Rahmen für die
wirtschaftlichen Tätigkeiten abgeben. Das Fazit wäre, dass es
als Bedingung der Freiheit aller Individuen zu einer Bändigung der
kapitalistischen Geldwirtschaft durch eine demokratische Rechtsordnung
kommen muss.
2. Drei Vorschläge für die Entwicklung der
europäischen Gesellschaft
Im Folgenden werden drei praktische Vorschläge
(Direkte Demokratie, Bürgergeld, Neutrales Geld), als Basis zur Entwicklung
einer dreigliedrigen europäischen Gesellschaft vorgestellt. Diese
Gesellschaft sollte auf individuelle Freiheit und Bewusstsein sowie
Information und Mitgestaltung aufgebaut sein, um die Bedürfnisse
aller Bürger optimal zu erfüllen.
2.1. Die dreistufige Bürgergesetzgebung
als Basis des demokratischen Rechtsstaates
Eine demokratische Rechtsordnung muss im Bewusstsein der darin lebenden Menschen abgebildet sein, sonst wird sie als künstlich und bürokratisch empfunden. Der Mensch sollte im Zentrum der Gesellschaftsordnung stehen und bewusst an ihrer Entwicklung teilhaben. Diese kreativ-spirituelle Dimension ist einlösbar durch die freie Beteiligung an der Möglichkeit der direkten Demokratie. Unter Direkte Demokratie wird die Bürgergesetzgebung, die die grundsätzlichen Strukturveränderungen einleitet, verstanden. Man kann Entscheidungen nur dann wirklich mittragen, wenn man nach Möglichkeit an deren Entstehung in Eigenverantwortlichkeit mitgewirkt hat. Die Bürger und Bürgerinnen als Souverän, können dann durch die ergänzende Arbeit des Parlamentes entlastet werden.
Direkte Demokratie, wie sie hier verstanden wird , meint weder demagogisch gesteuerte Referenden, noch Volksbefragungen zur politischen Manipulation zugunsten von Oppositionsparteien. Das adäquate Instrument ist die von den Bürgern ausgehende dreistufige Bürgergesetzgebung, zur Verbesserung bestehender oder zum Vorschlagen neuer Gesetze.
Die drei Stufen der vorgeschlagenen Bürgergesetzgebung bestehen aus „Initiative“, „Begehren“ und „Abstimmung“.
In der ersten Initiativphase macht eine bestimmte Zahl von Bürgern einen Vorschlag für ein Gesetz inklusive Begründung. Wird dieser in einer festgesetzten Zeit nicht vom Parlament angenommen, wird in einer zweite Phase , das Bürgerbegehren eingeleitet. Während dieser zweiten Phase werden alle Betroffenen umfassend informiert und können über die Vor- und Nachteile des Vorschlages debattieren. Dabei ist der gleichberechtigte Zugang zu den Medien eine unabdingbare Voraussetzung. Da diese Phase für den Bewusstseinsprozess ausschlaggebend ist, beansprucht sie einen angemessenen, nicht zu kurzen, Zeitraum. Auch darf die Zahl der benötigten Unterschriften nicht so hoch angesetzt sein, dass das Instrument nicht indirekt funktionsunfähig wird. Wird die vorher festgelegte Zahl der Unterschriften zur Unterstützung des Begehrens erreicht, kommt es in einer dritten Phase zu der bindenden Abstimmung.
Die Einführung der dreistufigen Bürgergesetzgebung sollte nach dem gleichen Modell erfolgen, denn die Bürger und Bürgerinnen sollen selbst entscheiden, ob sie mehr mitbestimmen wollen oder nicht.
Die gleichberechtigte demokratische Mitbestimmung in Form der dreistufigen Bürger- oder Volksgesetzgebung wird schon seit Beginn der 70er Jahre von Joseph Beuys und seinen Nachfolgern (Mehr Demokratie e.V., Omnibus – Gemeinnützige GmbH für Direkte Demokratie, Achberger Demokratie-Initiative, Initiativ-Gesellschaft EuroVision) propagiert. Nach Beuys ist jeder Mensch ein Künstler (erweiterter Kunstbegriff), indem er seine Kreativität lebt und bewusst an der Gesellschaftsgestaltung („die soziale Skulptur“) mitwirkt.
Hätten die Bürger sich für diesen Weg
ausgesprochen, könnten zwei weitere Rechtsfragen als Bürgergesetzesinitiativen
zur Debatte stehen, um die Realisierung der Ziele in den anderen beiden
gesellschaftlichen Gliedern (Geistes- und Wirtschaftsleben) zu fördern.
Beide hängen mit dem Thema Geld zusammen, denn das Recht sollte vor
das Geld gestellt werden und nicht umgekehrt.
2.2. Das „Bürgergeld“ als Basis für die Entwicklung
der individuellen Fähigkeiten
Mit „Bürgergeld“ ist ein Einkommen gemeint, das man erhält, weil man lebt, nicht um zu überleben. Ein menschenwürdiges Leben für alle muss durch die Einführung eines garantierten Grundeinkommens d.h. eines allgemeinen Basiseinkommens für alle ohne Vorbedingungen möglich werden. Es müsste die Grundbedürfnisse nach Ernährung, Bekleidung, Wohnung , Kranken- und Pflegeversicherung abdecken. Dies würde die minimale notwendige Basis für die Ausübung einer freien individuellen Entfaltung bedeuten. Dass dies finanzierbar ist haben die betroffenen Experten längst geklärt und steht ausser Frage. Ausserdem würde das weltweit Produzierte, wäre es gerecht verteilt, genügen um allen Menschen ein lebenswertes Leben zu ermöglichen.
Zunächst würden die Schwächsten der Gesellschaft, die Menschen die arbeitslos, krank, behindert, unqualifiziert ... wären, davon profitieren. Aber auch all diejenigen, die im Moment nicht bezahlten Tätigkeiten nachgehen: Hausarbeit, Kindererziehung, Krankenpflege, Aus- und Weiterbildung, ehrenamtliche Verrichtungen, künstlerische Betätigungen …. Ein weiterer Vorteil wäre, dass nicht mehr irgendwelche Arbeit um jeden Preis angenommen werden müsste. Vor allem die aktuellen Mindesteinkommens- und Sozialhilfeempfänger hätten wieder die notwendige Freiheit bei der Suche nach einer Arbeit oder sinnvollen Tätigkeit. Ausserdem würde das Bürgergeld manche menschenunwürdigen und stigmatisierenden Behördengänge und deren Finanzierung (Verwaltungskosten) ersparen. Auch die Folgekosten der Probleme der von Existenzängsten Betroffenen (Medikamente, Alkohol, Steuerausfall …) wären deutlich geringer.
Mehr Lebensqualität und freie Entwicklungsmöglichkeiten
der Fähigkeiten und ihrer kreativen Entfaltung wären ein Gewinn
für alle. Konkrete Vorschläge (z.B.negative Steuern) von seiten
der Forschung und der Politik gibt es bereits. Z.B.das „Basic Income European
Network (BIEN)“ bemüht sich um die europaweite Einführung des
Bürgergeldes auf individueller Basis ohne Vorbedingungen oder Arbeitsverpflichtungen.
2.3. Das „neutrale Geld“ als Basis einer solidarischen
Wirtschaft zur Bedürfnisbefriedigung aller Menschen
Wenn man sich den gesunden wirtschaftlichen Prozess vergegenwärtigt, der mittels der Verwendung der vorhandenen Fähigkeiten und unter Berücksichtigung der bestehenden Gesetze die natürlichen Bedürfnisse der Menschen befriedigt, kommt das Geld zunächst gar nicht vor. Was ist denn das Geld? Geld ist ein Rechtselement und dient dem Ausdruck des Wertverhältnisses der geschaffenen Produkte. Geld selbst sollte keinen Warencharakter besitzen. Es müsste nur als öffentlich anerkanntes neutrales Verkehrsmittel zwischen den Produzierenden und den Konsumenten im Umlauf sein, statt privates Spekulationsobjekt zu sein.
Das Geld ist aber in dem Sinn nicht neutral, indem es nämlich gegenüber anderen Waren einen „Jokervorteil“ hat. Es kann nicht verderben, braucht kaum Speicherplatz, ist gegen fast alles austauschbar und der Einsatzzeitpunkt ist frei bestimmbar. Diejenigen aber, die es sich leisten können das Geld aus dem gesunden Umlauf herauszuhalten, um egoistische Gewinne zu erzielen, müssen nicht für diesen an sich unsozialen Akt eine Gebühr (etwa eine an die Allgmeinheit zu zahlende „Liquiditätsabgabe“) entrichten, sondern werden auch noch mit Zinsen belohnt. Durch die Zinseszinsen kommt es dann zu einer krebsartigen Entwicklung (exponentieller Wachstum), die den stetigen Anstieg der Armut auf Kosten weniger Privilegierter fördert. Der Spruch „das Geld arbeitet für mich“ bedeutet in Wahrheit, dass jemand den Gegenwert mit seiner Arbeit produzieren muss. Weiter sind Überverschuldung einzelner Menschen und ganzer Staaten, vor allem in der dritten Welt, sowie die Naturzerstörung, aufgrund des mit der Zinsproblematik zusammenhängenden nötigen stetigem Wirtschaftswachstums, eine logische Folge.
Durch öffentlich und privatwirtschaftlich getätigte zu verzinsende Schulden versteckt sich in jedem Preis ein grosser Prozentsatz an versteckter Zinszahlung. Ohne diese wären die Preise niedriger, das heisst die Kaufkraft wäre dementsprechend grösser oder die Menschen könnten weniger arbeiten, was ihrer freien Entwicklung (Fortbildung) oder ihrem Miteinander (Gestaltung der Gesellschaft) zu Gute käme.
Ist ein Wandel in Richtung „neutrales Geld“ nicht eine Utopie? Viele Autoren wie Helmut Creutz, Silvio Gesell, Udo Herrmannstorfer, Margrit Kennedy, Bernard Lietaer, Werner Onken, Wilhelm Schmundt oder Dieter Suhr (siehe www.-links im Anhang) schlagen mehr oder weniger gangbare Alternativen zur ungesunden aktuellen Situation vor und veröffentlichen eindeutige Zahlen, die die aktuellen Entwicklungen und Verknüpfungen deutlich belegen.
Die drei genannten Vorschläge , Direkte Demokratie,
Bürgergeld und Neutrales Geld, können sicher um viele anregende
Vorschläge ergänzt und erweitert werden (etwa „Bodennutzungsrechte
statt Bodenspekulation“ oder „sozial-ökologische Steuerreformen“),
denn die gesellschaftliche Gestaltung ist ein Prozess, der immer neue Lösungsansätze
erfordert.
3. Die „Hörschritte im MTK-Prozess“ als ein möglicher
Weg zur Prüfung konkreter Handlungvorschläge
Es genügt aber nicht gute Vorschläge zu machen und sie in sinnvolle Taten umzusetzen. Die hier beschriebenen Handlungsvorschläge brauchen mehr. Es geht um einen zusätzlichen, bewussten inneren Entwicklungsweg aller Beteiligten. Der „innere Schulungsweg“ und die damit einhergehende erweiterte Bewusstwerdung ist die Voraussetzung für die äussere Gestaltung.
Dazu soll hier ein Vorschlag gemacht werden.
Die drei „Hörschritte im MTK-Prozess“ ermöglichen es Impulse,
Ideen und Vorschläge zum gesellschaftlichen Entwicklungsprozess auf
ihre „Stimmigkeit“ zu prüfen. Dieser Prozess soll mittels Meditation,
Transformation und Kommunkation den Weg für verantwortungsvolle Handlungen
ebnen.
3.1. Hindernisse bei der Entfaltung der äusseren
Taten und Handlungen
Um den „MTK-Prozess“ richtig zu verstehen, ist es wichtig zunächst die Hindernisse auf dem angestrebten Weg zu betrachten. Eine der Schwächen unserer Zeit ist es, dass viele Menschen zu sehr das Produkt äusserer Ereignissse werden. Sie sind passiv – reaktiv, lieben ihre Gewohnheiten, anstatt bewusst aktiv und in Freiheit gestaltend zu wirken. Sowohl Bewusstwerdung als auch Umsetzung von Ideen kostet Arbeit und Mühe . Daran führt kein Weg vorbei. Einfacher ist es da, sich von vorgegebenen und autoritären Meinungen von Parteien, Gewerkschaften, Sekten, Ideologien usw. leiten zu lassen. Aber Menschsein bedeutet vor allem individuelle Freiheit und Verantwortung, weil darin unterscheidet sich der Mensch vom Tier, das abhängig von Instinkten und artgerechten Verhaltensmustern ist.
Vorurteile , geistige Enge , Ängste , irrealistische Wunschträume und Illusionen stören den natürlichen Rhythmus jeder Entwicklung und stellen ein Verhaften in einem Extrem dar, das jede offene Beurteilung der Wirklichkeit und des „Zeitgeistes“ verhindert.
Karlfried Graf Dürckheim geht auf die Zeitprobleme ein, in dem er von drei Hauptängsten spricht:
- die Angst vor der Sinnlosigkeit, die entsteht, wenn
die persönlichen Fähigkeiten sich nicht entfalten können,
die ein klares Denken verhindert und der Illusion in Form von Ideologien
somitVorschub leistet
- die Angst vor Alleinsein, die aus Störungen
im Bereich der Beziehungen, des „Zueinander Fühlens“ erwächst
und die nicht durch die Illusion der Rettung durch den Partner oder durch
Kinderwünsche behoben werden kann
- die Angst vor körperlicher Zerstörung
(z.B. in Form von Berührung, Verletzung, Krankheit, Tod) die nicht
durch das Wollen in Form von materiellen Bedürfnisbefriedigungen gelindert
werden kann.
3.2. Der MTK-prozess als Weg von der Einsicht
zur Tat
Nach der Betrachtung der Hindernisse soll der „MTK-Prozess“ näher erleutert werden. Hilfreich für dessen Verständnis kann die „Quadrantenlehre“ Ken Wilbers sein. Wilber hat Entwicklungstheorien und Entwicklungsprozesse in verschiedenen Kulturen und zu verschiedenen Zeitpunkten untersucht. Dabei fand er u.a. heraus, dass sich jede Entwicklungsstufe auf vier Ebenen, die er als vier „Quadranten“ bezeichnet, gleichzeitig abspielt. So geschieht auch die menschliche Entwicklung einerseits auf der inneren Ebene, dazu gehören die Quadranten, „innerlich-individuell“ und „innerlich-sozial (kulturell)“ und andererseits auf der äusserlichen Ebene, die Quadranten „äusserlich-individuell“ und „äusserlich-sozial“.
Auf der innerlichen Ebene geht es um Einsicht, Erkenntnis,
Bewusstsein, also um innere mystische Erfahrungen. Auf der äusserlichen
Ebene geht es um Handeln, Umsetzen, Tun, Arbeit, Gestaltung, das heisst
um Weltverantwortung. Man kann das auch die Verbindung des „inneren mystischen
Kerns“ mit der Verantwortung für gesellschaftlich-soziales und
ökologisches Handeln nennen.
3.3. Die drei Hörschritte des MTK-prozesses
Im nun Folgenden werden die drei „Hörschritte im MTK-Prozess“ auf dem Weg von der Idee zur konkreten Tat beschrieben.
Am Anfang steht eine Idee, z.B. zur Gestaltung einer dreigliedrigen Gesellschaft, die auf ihre Stimmigkeit geprüft werden soll:
- der erste Hörschritt besteht im „transpersonalen-innerlichen
Hören“ in Form einer Meditation der Idee
- der zweite Hörschritt besteht im „personal-innerlichen
Hören“ in Form des „Focusing“, d.h.der Transformation der innerlich
körperlich gespürten Resonanz der Idee, in eine bewusste persönliche
Stellungnahme
- der dritte Hörschritt besteht im interpersonal-äusserlichen
Hören in Form der Kommunikation, der Diskussion und des Hörens
auf die Resonanz der Idee bei den andern Betroffenen
3.3.1. Ich meditiere
In einem ersten Schritt kann ich die Idee in der Verankerung im transpersonalen Bewusstseinsraum meditieren.
Die Verankerung des menschlichen Wesens auf einer „höheren“
Ebene wird sehr schön bei Dürckheim beschrieben. Karlfried
Graf Dürckheim sagt, der Mensch sei doppelten Ursprungs, er habe einen
himmlischen und einen irdischen Ursprung. Der Mensch, der gleichzeitig
Bürger zweier Welten ist, lebt im Spannungsfeld zwischen seinem „Welt-Ich“
(Alltags-Ich, weltliche Persönlichkeit) und seinem „Wesen“ (Höheres-Ich,
transpersonaler Kern, Gott in mir …) . Laut Dürckheim hat der Mensch
einen doppelten Auftrag: nämlich den der Gestaltung der Welt in seinen
Werken und den der Reifung auf seinem inneren Weg. Auf einer vertikalen
Dimension steht der Mensch in Verbindung mit den andern Menschen, auf der
horizontalen in Verbindung zu dem „transpersonalen Bewusstseinsraum“ (göttlicher
Wesensgrund, universelles Energiefeld, das absolute Sein …). Jeder kennt
, bewusst oder unbewusst, solche Momente, in denen sich ein Einbruch einer
anderen Dimension in die gewöhnliche Welt meldet. Solche „Seins-Fühlungen“,
wie Dürckheim sie nennt, kann man überall erleben, so etwa in
der Natur, der Kunst oder der Erotik. Grössere Seinserfahrungen macht
der Mensch in jenen Bereichen, in denen die oben genannten Hauptängste
der Menschen liegen. Diese Erfahrungen erlebt der Mensch meist zunächst
als bedrohliche Krise.
Als meditative Haltung ist das aufrechte Sitzen zu
empfehlen. Der meditierende Mensch lässt los, lässt sich atmen,
lässt sich nieder, zentriert im Unterbauch und kann so einswerden
mit dem, was ihm aus der horizontalen Dimension entgegenkommt. Was er tun
kann, ist sich bereit machen und warten auf das, was da kommen will.
Er kann das göttliche Berührtwerden nicht erzwingen, ihm
nur einen Schritt entgegengehen . Meditierend kann er sich eine Schale
im Unterleib vorstellen, in die er die Idee, mit der er sich beschäftigt,
hineinlegt und hören was die transpersonale Stimme dazu zu sagen hat.
„Ohne ein intensives Erkenntnisbemühen in besinnendem,
gleichsam “meditativen“ Verfahren muss alles Mühen um ein Überwinden
der sozialen Krisen hoffnungslos bleiben.“ (Wilhelm Schmundt)
3.3.2. Ich transformiere („fokussiere“)
Im zweiten Hörschritt lasse ich innerlich
die Idee auf mich wirken, indem ich sie fokussiere. Die von Gene
Gendlin eingeführte Technik des „Focusing“ lenkt die Aufmerksamkeit
auf das körperliche Erleben im Brust-Bauchraum und beobachtet
zunächst wie die Idee sich innerlich anfühlt, was sie auslöst.
Dieses Erleben ist zunächst oft recht unbestimmt und verschwommen.
Es wird das „Felt Sense“ (gefühlter Sinn) genannt. Anschliessend versuch
ich es mit einem Bild, einem Gefühl oder einem Gedanken zu verbinden
. Diese Reaktionen auf das Erleben vergleiche ich wieder mit meinem
inneren Erleben und bin sehr aufmerksam auf kleinere Veränderungen
. Nichts soll überstürzt werden. Das Herangehen an diesen Felt
Sense kann mit der behutsamen Begegnung mit einem scheuen Reh verglichen
werden. Dieses innere Erleben und der Vergleich mit den expliziten Gedanken,
Bildern ... mache ich solange bis das Implizite und das Explizite
übereinstimmen. In dem Fall ist eine innerlich spürbare Erleichterung
, eine Art Aha-effekt vorhanden, den Gendlin „Felt Shift“ nennt. Jetzt
ist der kleine Erkenntnisschritt stimmig und bewusst. So kann man auf der
personalen-inneren Ebene jede Idee beleuchten und ihr zuhören,
was sie zu sagen hat. Stimmt das körperliche Fühlen mit den Gedanken
und Bildern zur Idee überein, ist das unbestimmte innere Erleben
in ein bewusstes Wissen transformiert worden.
3.3.3. Ich kommuniziere
Im dritten Hörschritt kann ich dann die Resonanz der anderen Menschen auf die Idee hören, vorausgesetzt ich höre wirklich zu (vgl.oben : dritter Schritt der Bürgergesetzgebung). Die Diskussion mit den andern darf nicht nur aus einem Argumentenaustausch bestehen. Die Kommunikation muss Mitgefühl und Empathie walten zu lassen (vgl.Carl Rogers). Auf dieser Ebene geht es um globales Denken, um Vernetzung und einem wirklichen Austausch mit den Mitbürgern.
„Begegnung der individuellen Wesenskerne mit dem göttlichen
Wesensgrund auf dem Wege der Entwicklung“
3.4. Das verantwortliche Handeln: Ich agiere oder „ich
bin der Manager“
Nach dem Durcharbeiten der drei Hörschritte und
der damit einhergehenden inneren Klärung, kann die gewonnene Erkenntnis
zum „Lokalen Handeln“ führen. Nun kann der Einzelne bewusst seine
Verantwortung übernehmen und mithelfen die Idee praktisch umzusetzen.
Hier sind die Managerqualitäten eines jeden Menschen gefordert.
Zusammenfassend sei der Prozess noch einmal kurz betrachtet:
Wie es Goethe mit dem Modell der Urpflanze tat, so wurde in diesem Artikel
das Urbild der Gesellschaftsgestaltung in der Form der sozialen Dreigliederung
dargestellt. Anhand dieser Grundstruktur kann sich klarer herausstellen,
was sich im Laufe der Zeit zum Sinnvollen entwickelt hat und wo es zu behebende
Probleme gibt und kreative Ideen benötigt werden. Habe ich nun eine
Idee zur gesellschaftlichen Gestaltung oder möchte ich eine
bestehende Idee auf ihre Stimmigkeit prüfen, so kann ich folgende
Schritte gehen:
- In mir höre ich zunächst was die transpersonale
Stimme mir dazu zu sagen hat.
- Dann wende ich mich meiner inneren personalen
Stimme zu. Der sogenannte Focusing-Prozess ist eine Art innerer Skulptur
im Sinne von Beuys: etwas Unbestimmtes, Chaotisches kommt in Bewegung,
wird transformiert und erhält eine bewusstere Form.
- Die interpersonale Kommunikation höre ich in
Form eines gesellschaftlichen Gedankenaustausches mit Menschen, die idealerweise
ebenfalls Zugang zu der Stimme ihres transpersonalen Überbewusstseins
und derjenigen ihres personalen Unterbewusstseins haben.
Jetzt ist der Punkt gekommen, wo jeder sowohl individuell,
aber auch alle gemeinsam handeln müssen, um die Erkenntnisse in der
irdischen Wirklichkeit Realität werden zu lassen. Inneres Bewusstsein
und Weltverantwortung, Himmel und Erde werden an diesem Punkte vereint.
Ob die Zeit reif ist für eine bewusste Ausgestaltung einer dreigliedrigen Gesellschaft, muss zunächst jeder für sich entscheiden. Ein bewusstes, verantwortungsvolles, spirituellinspiriertes „Mensch-Sein“ in einer sich entwickelnden Welt steht vor uns, wir müssen es nur wollen, es gemeinsam erfühlen, es klar denken und es dann gestalterisch umsetzen :
« Dreigliederung des sozialen Organismus
ist ein Leitbild für die gesellschaftliche Entwicklung. Es knüpft
an die unmittelbare Menschennatur an. Jeder Mensch kann die Urgedanken
hinter diesem Leitbild in sich selber finden. Insoweit der Mensch danach
strebt, das soziale Leben im Sinne dieses Leitbildes zu gestalten, verwirklicht
er sich als freier Mensch und macht die Freiheit anderer möglich.
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(zitiert nach Lex Bos, Was ist Dreigliederung des sozialen Organismus ?)
LITERATURLISTE (Eine Auswahl)
Beuys, Josef:
- Was ist Geld? Eine Podiumsdiskussion,
FIU-Verlag, Wangen, 1991
- Ein kurzes erstes Bild von dem
kon-kreten Wirkungsfelde der Sozialen
Kunst, FIU-Verlag,
Wangen, 1997
Dürckheim, Karlfried Graf:
- Hara- die Erdmitte des Menschen,
O.W.Barth Verlag, Bern, 1954
- Weg der Übung, N.F. Weitz
Verlag, Aachen, 1988 (2 Bände)
Gendlin, Eugene:
- Focusing, Rowohlt Verlag, Reinbek
bei Hamburg, 1998
- Focusing-orientierte Psychotherapie,
PfeifferVerlag, München, 1998
Groff, Alfred:
- Transpersonale Gesprächspsychotherapie,
Psynfo - Zeitschrift der luxemburgischen
Gesellschaft für Psychologie,
74-75 (S.15-26), 1997
- Schaffen wir das Arbeitslosengeld ab?!
Personenzentrierte-transpersonale
Sozialarbeit, Lëtzebuerger
Journal, no. 188 (S.6-7), 2000
Rogers, Carl:
- Eine neue Definition von Einfühlung.
In: P.Jankowski u.a. (Hrsg.) Klientenzentrierte
Psychotherapie heute, Hogrefe
Verlag, Göttingen 1976 (S.33-51)
Steiner, Rudolf:
- Die Philosophie der Freiheit, Rudolf
Steiner Verlag, Dornach, 1894
- Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren
Welten ?, id.., Dornach, 1904
- Die Kernpunkte der sozialen Frage,id.,
Dornach, 1919
Wilber, Ken:
- Eine kurze Geschichte des Kosmos, Fischer
Verlag, Frankfurt/M., 1997